Bis Mitte der 1980er Jahre war von deutschem Modedesign international allenfalls als Geheimtipp die Rede. Das änderte sich in der Mitte des Jahrzehnts, als auf der Düsseldorfer Messe auf einmal Modenschauen mit internationalem Flair und großer Medienpräsenz stattfanden. Damals traten auch Größen der deutschen Mode-Szene wie Jil Sander und Wolfgang Joop erstmalig ins Rampenlicht. Mit „German Fashion Design 1946 bis 2012“ erschien jetzt im Distanz-Verlag ein opulenter Bildband über die Geschichte des deutschen Modedesigns.
60 Jahre Modegeschichte
Die Herausgeberin Nadine Barth ist von Haus aus Kunstgeschichtlerin und Philosophin, publiziert zu den Themen Fotografie und Mode und steht mit ihrer Eventagentur „barthouse“ der deutschen Modeszene auch in ihrer alltäglichen Bewegung und Entwicklung nahe. 24 Autoren gehen in ihren Beiträgen den Anfängen heute berühmter deutscher Modedesigner nach, beschäftigen sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Modebranche, der Entwicklung unserer Fashion-Stile inklusive des Einflusses von Clubs und Techno und dem wachsenden Einfluss kompetenter und/oder prominenter Modeblogger. Hinzu kommen Fotografien aus 60 Jahren deutscher Modegeschichte.
Jil Sander öffnete den Weg auf internationales Parkett
Das Fazit des Buches: es gibt kaum deutsche Designer, die als explizite Stil-Ikonen wahrgenommen werden – keine Donatella Versace, keine Coco Chanel. „Typisch Deutsch“ aus Sicht der internationalen Modeszene sind vielleicht Designerinnen wie Jil Sander oder Gabriele Strehle von „Strenesse“ mit eher funktionalen Stilen und hochwertig gearbeiteter puristischer Eleganz. Jil Sander war trotz – oder wegen – des funktionalen Perfektionismus ihrer Kreationen dann auch diejenige Modeschöpferin, die einheimisches Design auch außerhalb Deutschlands Parkett – oder Catwalk-fähig machte und damit den Weg für die heute selbstverständliche internationale Präsenz deutscher Mode-Talente öffnete. „German Fashion Design“ widmete ihr jetzt ein eigenes Kapitel“.
Berlin – der Fokus deutscher Mode
Im Vordergrund bei den Autoren des Bandes stand neben dem allgemeinen historischen Blick auf die deutsche Modeszene jedoch eindeutig Berlin als Modestadt. Mit Recht – in Berlin haben sich seit jeher die deutschen Mode-Trends gebündelt. Heute ist das modische Berlin von einer Vielzahl kleinerer Kreativ-Labels geprägt, deren Arbeit mit früheren Branchendogmen für die deutsche Modeszene – sachlich, hochwertig, uninspiriert – weitgehend bricht und Avantgarde-Elemente in die lokale Designwelt einführt.
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