In der Mode-Metropole Berlin herrscht bereits seit dem letzten Wochenende wieder „Normalität“. Die Kreativen haben sich in ihre Ateliers und Studios zurückgezogen und beginnen in den nächsten Wochen, ihre Kollektionen für die Frühjahrs-Sommer-Saison 2014 zu entwerfen. Für die Wirtschaft von Berlin war der Event mit seinen mehr als 50 Label- und Designerschauen sowie seinem wachsenden Angebot an internationalen Order-Messen ein willkommener Wirtschaftsschub zum Jahresanfang.
Aber: Die Berlin Fashion Week im Januar 2013 setzte Akzente, welche ihr Fashion-Image vermutlich noch lange tragen oder auch verändern werden. Dass die Berliner Modeszene nonkonformistisch-kreativ ist, war seit langem klar – die Designer-Handschriften der aktuellen Kollektionen legen nahe, dass sie inzwischen auch erwachsen ist. Explizit kommerziell ausgerichtete Marken wie Rena Lange, Hugo by Hugo Boss oder Marc Cain machten in ihren neuen Fashion-Linien klar, dass sie den Spagat zwischen Mainstream und Kreativität beherrschen. Gestandene Labels wie Augustin Teboul und Newcomer wie der Spanier Leandro Cano, Gewinner des „Designer fort Tomorrow“-Awards 2012, präsentierten konzeptuelle Avantgarde. Street- und Sportswear-Elemente – seit jeher prägend für die Berliner Styles – kamen in Verbindung mit urbanem Glamour unter anderem bei Achtland oder dem Berliner Jungdesigner Hien Le zum Tragen. Leyla Piedayesh feierte mit ihrem Label Lala Berlin nach einer Auszeit ein Comeback, das die derzeit omnipräsenten Retro-Trends sehr individualistisch interpretierte.
Hien Le – Minimalismus mit Streetwear Credibility
Die Show des Jungdesigners Hien Le eröffnete am vergangenen Dienstag das Curriculum der Berlin Fashion Week mit einer sehr puristischen Kollektion, die auch im internationalen Vergleich bestehen wird. Der Berliner Kreative hat durchaus das Potenzial, zum „deutschen Alexander Wang“ zu werden – dies ausdrücklich nicht wegen seiner asiatischen Wurzeln. Seine teils transparenten, teils dezent-fragilen Seidenkleider, Hosenanzüge integrieren Streetwear-Style und „Formalitäten“ für einen offizielleren Auftritt ohne designerische Brüche. Hien Les Herren-Linie gibt sich betont leger und ist gleichzeitig komplementär zu seinen Women-Looks.
Hien Le präsentierte in Berlin seine fünfte Kollektion – seine Kreationen sind inzwischen in verschiedenen europäischen Ländern, in den USA und in japanischen Boutiquen erhältlich. Besonders spannend: Der in Laos geborene Designer kennt das Fashion-Business in seinen sehr unterschiedlichen Facetten – vom Schneiderhandwerk über den Salse-Bereich bis zum Designer-Atelier.
Lala Berlin – professionell, gelassen und privat
Leyla Piedayesh und Lala Berlin waren auf der Berlin Fashion Week im letzten Sommer nicht vertreten. Jetzt meldete sich die gestandene Designerin mit einer Kollektion zurück, die sich mit legeren Outfits für Damen und für Herren an Looks und Lebensgefühl der 1970er Jahre orientierte. Piedayesh kommentierte ihre kreative Pause so, dass es dabei um eine unternehmerische Entscheidung ging, um die Kreativität ihrer Firma zu revitalisieren, die Kollektion „atmen“ zu lassen, anstatt Kleider für die nächste Show zu schaffen.
Inspiriert wurde sie für ihre sehr intensive, ausdrucksstarke – und sehr gelassene – Kollektion durch ihre Tochter Lou Parisa (4), die nach der Show der Star des Runways war. Laura Piedayesh kommentierte im „Glamour“-Interview, dass sich durch Lou in ihren Kreationen eine „typisch frische, kindlichere Farbwelt“ wiederfände.
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