Berlin ist anders – und die Berliner Fashion Week anders als die Schauen in den internationalen Modemetropolen New York, London, Mailand und Paris. Die Fashion-Szene an der Spree bietet Raum für etablierte kommerzielle Marken ebenso wie für avantgardistische Konzepte. Faszinierend in Berlin ist dabei regelmäßig der informelle Rahmen für hochkarätige Schauen und weitere Fashion-Events mit Glamour-Faktor.
Entsprechend kontrastreich waren die vergangenen Tage an der Spree. Für unsere Fashion-Week-Review, die diese Gegensätze aufgreift, haben wir die Präsentation des Berliner Kreativ-Labels Augustin Teboul sowie die Schauen von Rena Lange und Hugo by Hugo Boss gewählt. Unser Motto dazu: Avantgarde trifft auf Kunst sowie urbane Eleganz.
Augustin Teboul – poetische Fashion-Avantgarde mit „Somewhen“
Seine neue Kollektion „Somewhen“ präsentierte das Berliner Designerinnen-Duo Annelie Augustin und Odély Teboul auch diesmal wieder im Rahmen einer Kunstinstallation, diesmal in der Thomas-Schulte-Galerie in Mitte. Die Farbe Schwarz war nicht nur für die Kreationen von Augustin Teboul Programm, sondern auch für das Ambiente der Show Programm – das Label zeigte seine kreative Mode zu Cello-Musik in einem nebeligen schwarzen Raum. In einem „Zeit“-Interview kurz vor ihrem Auftritt gaben die Designerinnen an, auch weiterhin das Potential von Schwarz „voll auszureizen“. Auch ihre aktuelle Kollektion war folgerichtig völlig monochrom. Gegenüber früheren Modelinien von Augustin Teboul war sie avantgardistischer, teils puristisch-strikter und expliziter künstlerisch geprägt.
Filigrane Häkelspitzen, Netzstoffe und dekonstruktivistische Details sind seit jeher eines der Markenzeichen des kreativen Labels – in der neue Linie kamen sie in sehr vielfältigen und zum Teil recht kontroversen Looks zum Tragen. Das Design-Spektrum von Augustin Teboul umfasste klassische Etui-Kleider, unkonventionelle Hose-Top-Ensembles ebenso wie „große Abendroben“. Materialkontraste, beispielsweise zwischen zarten transparenten Stoffen und robustem Leder, das Wechselspiel zwischen explizit femininen oder androgynen Silhouetten sowie sehr artifizielle Accessoires schufen Spannung und verliehen der Kollektion eine extravagant-provokante Aura.
Rena Lange – urbane Kunstwerke mit Karsten Fielitz und Piet Mondrian
Das Münchner Traditionshaus Rena Lange (seit 1916) präsentierte in den vergangenen Jahren immer wieder hochwertige und sehr gediegene Kollektionen, erschien designerisch jedoch oft als etwas angejahrt. Zur Berlin Fashion Week stellte Kreativ-Direktor Karsten Fielitz jetzt eine Mode-Line vor, welche für eine umfassende Revitalisierung seiner Marke steht. Publikum und Mode-Kritiker waren sich diesmal einig: Rena Lange rockt auf höchst urbane Weise.
Inspirationen für die Kollektion holte sich Fielitz von den konstruktivistischen Kunstwerken des niederländischen Malers Piet Mondrian. Designerisch entfernte er aus den Rena-Lange-Looks alles Opulente, Überladene und Verspielte. Geblieben sind der für Rena Lange ikonische Bubi-Kragen sowie rustikal-luxuriöser Tweed, den Fielitz oft mit weich schwingenden, femininen Stoffen kombinierte. Die „Mondrianschen Rechtecke“ kamen darauf in Rost-Orange, Schwarz und Gold oder aber – analog zum Original – in Schwarz-Weiß zum Einsatz. Mit A-Silhouetten, schmalen Hosenanzügen und femininen Minikleidern holte Fielitz gleichzeitig das coole Flair der 1960er Jahre auf den Laufsteg. Höhepunkt der Show war eine schwarze Abendrobe, an der Karsten Fielitz´ Spiel mit Verhüllendem und Transparenzen meisterhaft zum Ausdruck kam.
Hugo by Hugo Boss – Puristisches für Individualisten
Die Schauen von Hugo by Hugo Boss werden international als das wichtigste Event der Berlin Fashion Week betrachtet, das viele Prominente anzieht. Zur Show zum 20-jährigen Markenjubiläum waren neben Oscar-Preisträgerin Renée Zellweger und ihrem Hollywood-Kollegen Edward Norton sowie viele deutsche Stars – unter anderem Andrea Sawatzki, Jasmin Tabatabai und Moritz Bleibtreu – in die Berliner Opernwerkstätten gekommen.
Auch Hugo by Hugo Boss brachte in seiner Herbst-Winter-2013-Kollektion das Lebensgefühl und die Formensprache der 1960er Jahre auf den Laufsteg – in einer puristischen Version, deren Spannung aus Farbkontrasten und sehr präzisen Schnitten resultierte. Als Grundfarben hatten sich die Hugo-Designer auch diesmal wieder für Schwarz – vor allem in der Herren-Linie – sowie für Grau und Weiß entschieden. Akzente setzen bei den Damen unter anderem Grafik-Prints auf einigen fließend-femininen Modellen sowie Sand, Violett und intensives Rot. Ein tomatenroter Hosenanzug griff diesen Trend auch in der insgesamt recht dezenten Herren-Linie auf.
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