Mit den Prêt-a-Porter-Schauen in Paris ist das Curriculum der internationalen Fashion Weeks vorerst abgeschlossen. Wie von der Modewoche in der Seine-Stadt nicht anders zu erwarten, folgte ein Superlativ dem anderen. Im Überblick der Schauen waren mindestens zwei übergreifende Trends erkennbar: Einerseits „natürlicher Purismus“ – unter anderem bei Alber Elbaz für Lanvin, Stella McCartney, Christophe Lemaire für Hermès oder den Kreationen von Phoebe Philo für Chloe, auf der anderen Seite Retro-Charme und expliziter Glamour, etwa bei Karl Lagerfeld für Chanel, Valentino oder Haider Ackermann. Avantgardistisches kam unter anderem von Sarah Burton, die ihre aktuelle Linie sehr nah am designerischen Erbe Alexander McQueens ausgerichtet hatte sowie von Rick Owens in einer für seine Verhältnisse außergewöhnlich hellen Kollektion.
Besondere Spannung versprachen die Kollektionen von Dior und Yves Saint Laurent – in beiden Fällen handelte es sich um die Debütlinien der neuen Chefdesigner im Prêt-a-Porter-Segment. Raf Simons präsentierte seine Kollektion für Dior als „Befreiung“ und ließ wissen, dass er dieses Statement auf die Dior-Historie ebenso wie seine eigenen Perspektiven treffe. Inhaltlich verband er „traditionelle“ Dior-Looks mit radikal modernen Elementen.
YSL-Kreativchef Hedi Slimane arbeitet bereits seit März 2012 an einer umfassenden Erneuerung seines neuen Labels, die auf ein neues Marken-Image und die „Rückkehr zu den Wurzeln“ abzielt. In seiner Kollektion zeigte er unter anderem einen „präzisen Smoking-Look“, der mit Röhrenhosen und androgynen Kreationen für Elemente seiner früheren Herren-Linien stand, mit denen er Ende der 1990er Jahre bei Dior Homme die Herrenmode revolutionierte. Daneben zeigte er verschiedene Kreationen im Saharienne-Stil sowie eine Serie von mystisch-düsteren 1970er-Jahre-Roben.
„Lookalikes“ von Jean Paul Gaultier – Hommage an die Stars der 80er
Jean-Paul Gaultier führte sein Publikum tief in die 1980er Jahre – seine Runway-Show war eine Hommage an die Stars der Zeit, die mit ihren Looks eine ganze Fashion-Ära prägten. Jetzt visualisierte Gaultier sie in einer Performance mit Doubles, die den Originalen zum Teil täuschend ähnlich sahen. Seine Kollektion trug dementsprechend den Namen „Lookalikes“ – auf Deutsch „Doppelgänger“.
In der Front Row fläzten neben Branchen-Stars, aktuellen Prominenten und Medien-Leuten die Wiedergänger der Rockband „Kiss“ mit Raubkatzen-Schminke und in „historischen“ Show-Kostümen auf den Stühlen. „Grace Jones“ eröffnete die Show in einem Abend-Smoking, „Madonna“ folgte im „Like A Virgin“-Look mit schwarzen Haarschleifen, Leder, Bleistiftrock und Netz-Top. „Jane Birkin“ und „Boy George“ gaben sich in legeren Looks „counter-kulturell“ bis „ethnisch“. Natürlich erschienen auch die Disco-Stars von „Abba“ auf dem Runway. Im Finale präsentierte sich dann Jean Paul mit der echten – inzwischen 73-jährigen – Disco-Diva Amanda Lear, die eine hautenge pinkfarbene Robe trug und immer noch perfekte Beine offenbarte.
Designerisch blieb die Kollektion naturgemäß ihren „Lookalikes“ verhaftet. Sie bot tragbare und oft sehr glamouröse Einzelteile, jedoch inklusive ihrer opulenten Accessoires wenig Spektakuläres oder Neues. Mit Sicherheit reflektierte sie auch wichtige Stationen der designerischen Biografie Gaultiers, der unter anderem für Madonna bereits mehrfach extravagant-provozierende Bühnen-Looks kreierte.
Fashion-Reisen mit Yohji Yamamoto
Die reale Jane Birkin wurde im Publikum der Runway-Show von Yohji Yamamoto gesehen, auch ihre Einkäufe aus der neuen Kollektion des japanischen Avantgarde-Designers – insgesamt sechs Looks aus luxuriösen schwarzen Stoffen und feiner Wolle, darunter ein Kapuzen-Cardigan und schmale Hosen – waren der französischen Presse eine Meldung wert.
Insgesamt präsentierte Yohji Yamamoto eine modische Collage mit Military-, Grunge- und Streetwear-Elementen. In anderen Sequenzen seiner Show defilierten seine Models mit Punkfrisuren in Wickelröcken, asymmetrischen Seidenroben und Tuniken auf dem Runway. Farblich changierten seine Looks zwischen Weiß, Grau und dem bei Yamamoto von jeher omnipräsenten Schwarz sowie intensiven Farben in einem Spektrum von Rot, Saphir, Orange und Blau. Nach eigenen Angaben versuchte der Designer mit der Kollektion „den Sommer zu genießen“, für seine Kreationen ließ er sich vom „Geist des Reisens“ inspirieren.
Optimistisches von Issey Miyake
Das Label Issey Miyake – ebenfalls mit tiefen Wurzeln in der japanischen Mode-Avantgarde – hatte sich für den nächsten Sommer dagegen für eine leichte und optimistisch-bunte Kollektion entschieden. Zwar begann die Show mit einer sanften Harmonie in Schwarz, mattem Grün und Blau, steigerte sich aber dann zu einem furiosen Mix aus Grafik-Prints und intensiven Farben wie Apricot, Lila, Gelb und Electric Blue. Charakteristisch für die Kollektion waren fließende, eher „bedeckende“ Konturen mit angedeuteten futuristischen Elementen sowie leichte Seiden- oder Jersey-Stoffe.
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