In London begann gestern eine Modewoche der besonderen Art. Die „Graduate Fashion Week“ ist das weltweit größte öffentliche Forum für den designerischen Nachwuchs. Bis einschließlich Mittwoch präsentieren rund 1.000 Studenten von 38 britischen Universitäten und Designer-Colleges ihre Abschluss-Kollektionen. Gast-Vorstellungen geben unter anderem Design-Absolventen aus Antwerpen und Berlin. Das Event feiert damit gleichzeitig sein 21. Jubiläum.
Höhepunkt der „Graduate Fashion Week“ ist am Wochenende die Verleihung des George Gold Award. Der mit 20.000 Britischen Pfund – knapp 25.000 Euro – dotierte Nachwuchspreis wird vom britischen Kaufhaus George gestiftet. Durch die Gala wird Burberrys Kreativ-Chef Christopher Bailey führen. Bailey zelebriert damit nicht nur den Erfolg der nächsten Generation junger britischer Designer, sondern auch einen persönlichen Jahrestag – vor 20 Jahren konnte er nach seiner Graduierung selbst einen Gold Award entgegennehmen. In der Jury für den Mode-Preis sitzen unter anderem Stil-Ikone Daphne Guinness sowie die langjährige Mode-Chefin der „Herald Tribune“, Suzie Menkes.
„Face Look“ oder die Macht der Bilder
Britische Jung-Designer sind seit jeher bekannt für eine „wilde“ – oft provokative oder experimentelle – Formensprache. Im Vergleich zu früheren Jahren zeigten die aktuellen Schauen jedoch eine recht ausgewogene Balance zwischen Innovation und angestrebter kommerzieller Realität. Eines der zentralen Themen in diesem Jahr ist die Macht der Bilder respektive prominenter und ikonischer Gesichter.
Unter dem Motto „Face Look“ präsentierten die Studenten am ersten Tag der Fashion Week unter anderem Kreationen mit den Bildern der früheren britischen Premier-Minister Margaret Thatcher und Winston Churchill, andere Looks bezogen sich auf stilisierte Rockstars, Models oder andere Celebrities.
London Graduates – jung, intensiv, optimistisch
Insgesamt wirkten die in London vorgestellten Kollektionen jung, intensiv und optimistisch. Experimentelles zeigte sich vor allem in skulpturalen Formen, etwa den Knitwear-Entwürfen der Saint-Martins-Absolventin Serena Gili. Rebellische Elemente kamen in den Menswear-Kreationen ihres Kollegen Tigran Avetisyan zum Tragen, der seine Oversized-Workwear-Fashion mit Graffiti- Slogans wie „so much pressure“ (so viel Druck) oder „no jobs“ versehen und damit bereits ein LVMH-Stipendium gewonnen hatte.
Deutlich spürbar war auch der Einfluss heute prominenter britischer Designer. Inspirationen durch die Arbeiten Mary Kantratzous, Christopher Kanes, Holly Fultons oder Jonathan Saunders waren bei vielen der bisher gezeigten Graduate Collections sichtbar – Art Deco-Elemente und die Omnipräsenz von Grafik-Prints sind ihrem Einfluss in gleichem Maße wie dem aktuellen Zeitgeist zuzuschreiben.
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